Raimund Resch hat viele Facetten; er ist Dorfschmied, Burgherr, Kunstliebhaber und ehemaliger Cowboy. Doch vor alledem ist er überwiegend eines: Ein waschechter Steinegger!

Steinegg zählt zu den wenigen Orten in Südtirol, an welchen im dunklen Mittelalter eine sogenannte Doppelburg errichtet wurde. Wer heute ausgehend von Steinegg in Richtung Tschatscher Bühl den steilen Steig zur Festung hochgeht, sollte jedoch nicht enttäuscht sein, wenn er gerade mal eine halbe Ruine vorfindet. Von der Wohnburg ist kaum noch etwas geblieben, aber die Überreste der einstigen Wehrburg sind allemal einen Abstecher wert. Sogar einen Burgherren hat sie noch, auch wenn dieser sich weniger mit Stein als mehr mit Eisen und weniger mit dem Verfall als mehr mit dem Erschaffen von Dingen beschäftigt: Es ist der Steinegger Dorfschmied Raimund Resch.

Raimund, im Dorf bekannt als Schmunzl, hatte es offensichtlich sehr eilig ins Leben zu treten. Seiner mit ihm hochschwangeren Mutter ließ er nämlich nicht einmal die Zeit, zu seiner Entbindung ins Bozner Krankenhaus zu fahren: es musste noch im Elternhaus geschehen! Vielleicht wollte er aber auch einfach nur in Steinegg das Licht der Welt erblicken – genau wie seine Mutter und sein Vater auch – um dann heute sagen zu können, ein „richtiger“ Steinegger zu sein. Was immer es auch war, die Eile ist heute der Ruhe gewichen. Besonnen steht Raimund in seiner Schmiede und arbeitet am feuerspeienden Gasofen an filigranen eisernen Rosenblättern für ein Grabkreuz. Während seine Brüder zum Studieren ins Ausland gingen, blieb Raimund in Steinegg und lernte das Schmiedehandwerk von seinem Vater. Als dieser starb, übernahm er die Schmiede und so arbeitet und lebt er heute noch in dem Gebäude, in dem er geboren und aufgewachsen ist.

Diese beeindruckende Beständigkeit teilt er sich also mit den noch übrigen Steinen seiner Festung und es überrascht somit auch nicht, dass er sich zum Burgherren machte. Seither grübelt er darüber, was er aus der Burg machen könnte. Aus seinem Interesse für das Kreative entstand die Idee, einen Ausstellungsraum für alle möglichen Künstler und Künstlerinnen zu bauen. Doch leider sprengte dieser schöne Einfall sein Budget. So gibt sich Raimund derweil entspannt mit dem wunderschönen Panorama Richtung Eisacktal und Rosengarten zufrieden, denn, wie er sagt: „Es gibt die Burg schon seit dem 12. Jahrhundert, also kann ich mir auch noch ein bisschen Zeit lassen.“

Das Mittelalter blieb aber nicht Raimunds einziger historischer Streifzug: Jahrelang ritt er bei der Steinegger Cowboy-Formation „Stone Corners“ mit – natürlich stilecht mit eigenem Pferd und in voller Cowboy-Montur. Jährlich führte es ihn dabei mit seiner 20 Mann starken Formation von Steinegg nach Verona auf eine große internationale Pferdemesse. Die „Stone Corners“ zogen dafür vier Tage lang mit ihrer Karawane durch Norditalien, ausgestattet mit vier Kutschen und bepackt mit allem, was das Cowboyherz höher schlagen lässt, vor allem aber Bier und Whisky. Sogar lebende Hühner waren mit dabei, aber die, so Raimund, landeten meist in der Suppe. Geschlafen wurde im Freien, es gab Lagerfeuer und Gesang; ein echtes Abenteuer also.

Dennoch zog es Schmunzl, der diesen Namen im Übrigen seinem ehrlichen Lächeln verdankt, immer wieder Heim nach Steinegg. Denn hier fühlt er sich richtig wohl! In Steinegg, so Raimund, fehlt es an nichts: es ist ruhig, sonnig und voll herzlicher Menschen. Und wenn man noch dazu Burgherr ist, warum sollte man woanders sein wollen?

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